Kein Flug unserer Wiener Hochflugtauben ist wie der Andere! Heute war ein ganz Anderer.
Nur, das wird mir eigentlich erst so bewusst seit ich die Flüge aufzeichnen kann. Man sah heute schon in den ersten Minuten, dass die Tauben nicht so zügig in die obere Höhe steigen wollen.
Die häufigen Angriffe des Wanderfalken in der letzten Zeit tragen leider dazu bei, dass die Tauben verängstigt sind. Nur so lässt sich ihr zögerliches Aufsteigen erklären.
Oft sind sie schon in vier, fünf Minuten nur noch als Punkte sichtbar. Heute lag diese obere Höhe, auch Punkthöhe genannt, bereits bei 400 Metern. Denn von unten, eigentlich kaum wahrnehmbar, lag ein feiner Schleier über unserem Dorf. Dieser beeinträchtigt unsere Wahrnehmung der Tauben natürlich erheblich und zeigt so auch, dass die, bis anhin gängige, visuelle Höhenbeurteilung, eben schon sehr subjektiv ist oder war.
In der Grafik sehen wir unschwer, dass nach 25 Minuten der erste Angriff erfolgt ist.
Die Täubin mit dem roten Mess-Ring, und zwei ihrer Kolleginnen, haben ihr Heil in der Flucht nach unten gesucht. Ein gefährliches Unterfangen! Der Falke ist im Sturzflug ganz sicher schneller als eine Taube, aber nicht unbedingt wendiger. Wir sehen weiter, dass dieses Trio nach ungefähr 50 Minuten gelandet ist, oder sich noch in Dachhöhe herum getrieben hat. Sie sind dann wieder aufgestiegen um alsdann wieder auf dem hohen Haus zu landen.
Anders der Rest des Stiches, ein gutes Dutzend, ist allmählich aufgestiegen bis auf eine Höhe von 1281 Meter. Bis jetzt wussten wir ebenfalls nicht, was unsere Tauben nach dem Verschwinden in der Unsichtbarkeit so treiben oder eher warum sie sich vertreiben und beeinflussen lassen müssen.
Die zackige Linie die ihren Flug aufzeichnet, lässt vermuten, dass der Falke immer wieder attackiert haben muss.
Der gelbe Messring zeigte mir nun den allmählichen Abstieg des Trupps an. Doch welche Enttäuschung!
Als ich die gelbe Taube zum ersten Mal wieder sichtete, war sie ebenfalls nur von zwei ihrer Kollegen begleitet.
Nach zweieinhalb Stunden liess sich, die wieder erstarkte Gruppe soweit sinken, das die drei auf dem Dach sitzenden Tauben animiert wurden, erneut abzufliegen und aufzusteigen, um sich zur grösseren Gruppe zu gesellen.
Nach der sechshunderter Marke, heute bereits im unsichtbaren Bereich, ging’s dann aber wieder rasant abwärts, was auf erneute Angriffe eines Falken schliessen liess. Zwölf Tauben landeten dann nach 3 Stunden 25 Minuten auf unserem Dach. Bis auf drei Tiere waren alle wieder dazu gestossen.
Diese Neuformierung des Stiches lässt ebenfalls darauf schliessen, dass mehrere Luftkämpfe stattgefunden haben müssen. Auch, weil alle einzeln zurück kehrten.
Eigentlich hatte ich mich für heute schon mit diesem Verlust abgefunden. Aber welche Freude! Bei meiner letzten nächtlichen Schlagkontrolle, waren doch tatsächlich alle Tauben wieder zu Hause.
Ich glaube, ich darf schon ein wenig stolz sein auf meine kleinen, fliegenden Helden!