Training und Fütterung meiner Hochflugtauben
Alle Tauben haben einen mehr oder weniger grossen Heimkehrdrang. Sie bleiben also mit dem Schlag in dem sie geboren und aufgewachsen sind eng verbunden.
Tauben sind daher eine Haustiergattung, die wirklich artgerecht gehalten werden kann. Man könnte ihnen, je nach Umgebung, unbegrenzten Freiflug bieten, die Tiere bleiben standorttreu. Nun kennen wir von Tauben, wie von vielen anderen Lebewesen auch, die unangenehmen Eigenschaften ihrer Hinterlassenschaften. Stadttauben haben deshalb ihren schlechten Ruf und sind vielerorts verhasst. Liessen wir unsere Tauben einfach gewähren, würden sie ähnliche unangenehme Unarten annehmen.
Wie der Name Hochflugtauben aussagt, haben diese Taubenrassen einen grossen Bewegungsdrang und fliegen, durch ihre über Jahrhunderte gefestigten Eigenschaften sehr gerne und bei entsprechender Wetterlage in Höhen, in denen sie sogar unseren Blicken entschwinden können.
Diesen Flugdrang fördern wir, in dem wir unsere Hochflieger nur begrenzt in den Freiflug entlassen. Einmal in ihren Abflugkasten getrieben, stehen sie wie Primaballerinen auf ihren Zehenspitzen und warten mit zitternden Flügeln, bis sich der Ausflug öffnet und sie sich stürmend in die Lüfte erheben können.
Haben sie ihren Flug beendigt, kehren die Tauben im Idealfall sofort wieder in ihren Schlag zurück. Eine besondere Vorrichtung ermöglicht den heimkehrenden Tauben in den Schlag einzuspringen, ihn aber nicht mehr zu verlassen.
Durch einen geordneten Betrieb meiner Taubenzucht hatte ich nie Probleme mit meinen Nachbarn. Ihnen bin ich natürlich, für ihr Verständnis und ihre Nachsicht, sehr zu Dank verpflichtet. Ab und zu setzt sich halt gleichwohl mal eine, noch nicht eingewöhnte Jungtaube, auf ihr Dach oder Fensterbrett.
Wie erreiche ich aber einen geordneten Betrieb? Es geht fast alles über das Futter. Lasse ich satt gefütterte Tauben fliegen, werden sie sich bald auf ein Dach setzen und die Umgebung geniessen. Darum kommt es sehr auf das Fingerspitzengefühl des Züchters an. Füttere ich zu wenig werden die hungrigen Tauben bald wieder in den Schlag einspringen, in der Erwartung eine Ration Futter zu erhalten. Das Mittelmass ist gefragt, die Tiere müssen in einer Form sein, in der sie gerne fliegen. Ihr Appetit muss aber nach dem Flug wieder so gross sein, dass sie hungrig heimkehren und demzufolge auf den Ruf oder Pfiff ihres Chefs reagieren. Gefüttert wird dann bei mir erst am späten Abend. Wüssten sie nämlich, dass sie nach beendetem Flug sofort verköstigt würden, würde ihre Flugzeit entsprechend kürzer ausfallen. Wiener Hochflieger sind sehr clevere und schlaue Tiere. Sie durchschauen gewisse Zusammenhänge nach kurzer Zeit.
Natürlich kommt es nun noch auf die Zusammensetzung der Futtermischung an. Auch Spitzensportler müssen sich gezielt und ausgewogen ernähren, wollen sie erfolgreich sein. Diese Rezepte bleiben oft Geheimnis der Züchter. Selbstverständlich müssen Tauben die nicht dauernden Freiflug geniessen dürfen, auch mit anderen Stoffen wie Grünfutter, Mineralstoffen, Vitaminen etc. versorgt werden um gesund und vital zu bleiben.
Doch wozu all dieser Trainingsaufwand?
Unter Hochflugtauben-Züchtern werden Konkurrenzen ausgeflogen, bei denen es darauf ankommt, wessen Tauben wie lange, wie hoch fliegen. Ein speziell ausgebildeter Preisrichter, der auf den Wettflugtag aufgeboten wird, begutachtet und bewertet den Flug nach einer, vom Spezialverein festgelegten Wettflugordnung.
Leider war es mir in den letzten Jahrzehnten kaum mehr möglich einen gültigen Wettflug zu absolvieren. Die Wanderfalkenpopulationen, die durch unnatürliche Förderungs- und Schutzmassnahmen übermässig gewachsen sind, lässt es kaum zu, einen Flug ohne Raubvogel-Attacken zu absolvieren.
Bis in den Sommer 2014! Unglaublich, aber die gefiederten Räuber scheinen unsere Gegend zu meiden. Ab und zu, wie der Name aussagt, ein Wanderfalke, der aber anderntags wieder weg war. Ich und meine Tauben, haben es genossen. Meine Tiere konnten unbeschwert fliegen und ich ebenso zuschauen. Sogar meine Zuchttauben flogen als Stich, einige Wochen ohne namhafte Verluste. Selbst im November konnte ich noch einen gewerteten Flug vorführen. Meine Tauben konnten beweisen was für ein Potential in ihnen steckt. Das Jahr 2014 war für meine Tauben ein Superjahr! Ein Züchter-Traum ist Wirklichkeit geworden!
2015 – ebenfalls wieder ein erfolgreiches Jahr! Zwar muss ich den Verlust eines ganzen Stiches beklagen, der aus unerklärlichen Gründen „abgedreht“ ist. Meine andere Gruppe erflog ein Resultat, dass sich auch international sehen lassen kann. Leider ist unser „grauer Freund“ wieder präsent und greift täglich ins Geschehen ein. Gleichwohl stand mein Taubenteam bis 2019, 6 mal in Folge, an der Spitze der Rangliste!
Im nachstehenden Video sehen Sie den, den Wienern eigenen Flugstil mit seinen rassigen Kehren und Wendungen. Viel Vergnügen! Hier dürfen Sie mal ohne steifes Genick in den Himmel starren!
„Luftkampf“ über Sissach. Schauen Sie doch einmal hinein!
Sequenzen aus einem Trainings-Hochflug! Sehen Sie bitte selbst!
Trainingsflug Wiener Hochflieger und Flug-Kiebitze Jungtauben August 2012
Die Bilder oben und unten zeigen meine Zuchttauben mit Jungtieren im Freiflug. Die Emsigkeit mit welcher die benachbarten Flachdächer und Grünflächen bepickt werden, zeigt auf, dass wir, auch bei noch so reichhaltigem Futter- und Zusatzangebot, niemals den Freiflug ersetzen können.
Die Zuchttauben geniessen ihren Freiflug! Wie bereits geschrieben, waren die Verluste im 2014 relativ gering, dies im Vergleich zu den Vorjahren
Zuchttauben am Futter nach dem Flug!