Im diesem Sommer 2018, erhielt ich einen Anruf von Hans G. aus der Bodensee-Region. Er erzählte mir, dass er vor vielen Jahren bei mir Wiener Hochflugtauben bestellt und auch prompt per Post erhalten habe. Damals war sowas noch möglich und üblich! Seither züchte er mit diesen Tauben und habe immer noch viel Freude an ihnen.
Sein Anliegen war nun, von mir einige Tauben, also frisches Blut, für seine Zucht, zu erhalten. Natürlich war meine spontane Gegenfrage, ob er denn nie andere Tauben eingekreuzt habe. Ganz sicher nicht, seine Antwort! Die Tiere seien immer gesund und topfit gewesen und er habe keinerlei Anzeichen von Inzucht erkennen können.
Das interessierte mich natürlich! Ich schlug ihm vor, mir doch 2-4 seiner jungen Tauben zu überlassen und im Gegenzug würde ich sie ihm, gegen garantiert fremdblutige Tauben, austauschen.
In der Zwischenzeit, durchstöberte ich meine alten Akten. Irgendwie kam mir sein Name bekannt vor. Ich führte schon immer genau Buch über jede Taube und auch über deren Verkäufe. Als ich dann den Lieferschein von 1987 in Händen hielt, wurden meine Augen vermutlich noch grösser. Seine Tauben stammten also von meinen allerersten Wiener Hochflugtauben ab, die ich ebenfalls jahrelang, ohne frisches Blut einzukreuzen, gezüchtet habe. Wie haben die sich wohl entwickelt und gehalten? Zeigen diese Nachzuchten noch Flugleistungen wie ihre Ahnen? Sie wurden wie ich dann erfahren habe, aus Angst sie an Raubvögel zu verlieren, seit Jahren, ausschliesslich in einer Volière gehalten. Sie müssten also, gemäss landläufigen Meinungen und Ansichten, degeneriert sein und Inzuchterscheinungen aufweisen!
Seither habe ich nichts mehr gehört und eigentlich auch nicht mehr daran geglaubt, doch diese Woche kündigte sich Hans bei mir an und erschien anderntags auch prompt, mit 3 Wiener Hochfliegern im Gepäck. Ich war schon richtig gespannt, so wie Kinder, vor dem Öffnen der Weihnachtsgeschenke. Was zum Vorschein kam, überrascht mich total! Ich glaubte 3 Klone vor mir zu haben! 3 wunderschöne, wie aus einer Gussform gegossene, „kongruente“ Wiener Hochflieger. Auch in der Zeichnung weichen sie nur geringfügig voneinander ab.
Nun sind sie bei mir noch in Quarantäne! Ich kann es kaum erwarten, sie mit meinem Taubenschwarm zu vergesellschaften, um auch ihre fliegerischen Eigenschaften erleben zu können. Fliegen sie noch?
Ich bin positiv gestimmt und glaube, dass sie sich nach einiger Zeit nicht mehr von meinen Hochleistungstauben unterscheiden werden. Die Gene müssen ja noch vorhanden sein!
Und, echte Wiener Hochflugtauben sind eben immer für positive Überraschungen gut!